Statt NACHRUF: Trauerpredigt von Pfr. Frank Hofmann-Kasang am 28.8.2020
(Gekürzt aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes)
„Bleiben Sie Mensch und mir gewogen.“
Mit diesem Satz hat sich Armin Rausche oft verabschiedet und diejenigen, die ihn noch nicht kannten, ebenso wie wir alle, konnten daran seine tiefgründige Art und seinen an Worten orientierten Witz erahnen. Gespräche mit ihm waren nie langweilig. Und wenn es um Musik ging, was gerade im Theater an Opern lief oder welche Konzerte gegeben wurden, konnte man seinen Empfehlungen folgen und interessante Details entdecken. Mit Armin Rausche zusammen zu treffen war auf keinen Fall langweilig, sondern stets anregend.
Im Dezember feierte er noch mit 80 oder 90 Gästen seinen 80. Geburtstag. Im La Fenice, gegenüber dem Mainfranken Theater. Wo auch sonst, habe ich gedacht, als ich es hörte.
Aber er war schon auf dem Weg bis dahin und danach ruhiger geworden in seiner Art.
Dann vor etwas mehr als einem Monat merkte er, dass er einen Arzt aufsuchen sollte. Nach zügigen Untersuchungen kam eine OP mit eigentlich gutem Ausgang. Was dann eine Woche nach der OP in den frühen Morgenstunden tatsächlich passiert ist, weiß niemand. Irgendeine Schwäche, ließ ihn um Hilfe rufen, die auch sofort kam. Aber trotz aller Bemühungen – er war ja im Krankenhaus – konnte er nicht mehr ins Leben zurückgeholt werden.
Und so ist er ganz plötzlich, ohne sich selbst und die Seinen damit auseinander setzen zu können, den Schritt aus dem Leben in den Tod gegangen. So plötzlich für Sie und für uns alle, liebe Trauergemeinde, dass man fast noch denken mag: „Das kann doch nicht sein!“ Und die Erinnerungsbilder, als wir ihn ein letztes Mal aufrecht und agil an irgendeiner Stelle unseres Lebens gesehen und gesprochen haben, kommen in den Kopf.
Dass wir ihm nicht begegnen werden, ihn nicht mehr sprechen werden, das mag noch gar nicht so recht gedacht werden. Aber wir müssen uns der Realität stellen: Armin Rausche ist tot.
Doch diese Erinnerungsbilder, die Worte von ihm, die Gefühle und Gedanken, die können, wenn wir an ihn denken, ja die dürfen jetzt und in der kommenden Zeit gerade aufkommen, auch wenn Sie uns plötzlich überfallen, weil Orte, Zeiten oder Gegenstände so plötzlich all das auslösen können. Dann ist es gut, allein oder gemeinsam mit anderen, sich Zeit zum Erinnern zu nehmen, um diese Erinnerungen zu pflegen und wohltuend mit zu nehmen in unser Leben, unser Leben, das ja weiter geht.
Liebe Trauergemeinde, beim weiteren Nachdenken soll uns jetzt der Konfirmationsspruch leiten, den Armin Rausche am Palmsonntag, den 29. März 1953 in der Stadtkirche in Bayreuth für sein Leben zugesprochen bekam. Es ist der 3. Vers des 34. Psalms:
„Meine Seele soll sich rühmen des Herren,
dass es die Elenden hören und sich freuen.“
Wie schön diese Worte für jemanden, der mit seiner Stimme sowohl im Gesang als auch als Verkündiger Menschen angesprochen hat, dass sie es hören konnten und sich freuen. Fast noch schöner wäre gewesen, den Vers vor dem Konfirmationsspruch hinzu zu nehmen. Der lautet:
„Ich will den Herren loben allezeit; sein Lob soll immerdar in meinem Mund sein.“
Aber das wäre zu viel, zu dick, nicht dem entsprechend, wie Armin Rausche auch die Zwischentöne kannte und vertreten hat.
So bleiben wir bei dem einen Vers, in dem der Psalmbeter und mit ihm auch der liebe Verstorbene sich allein auf Gott will verlassen: „Meine Seele soll sich rühmen des Herren.“ Aber der Ruhm soll nicht in der Seele verborgen bleiben, sondern nach außen dringen, nach außen zu den Menschen, „dass es die Elenden hören und sich freuen.“ Der Psalmbeter strebt also geradezu in die Gesellschaft, in die Öffentlichkeit, um weiter zu geben, was ihm das Herz voll macht. Im Weiteren des Psalms kommt auch auf, dass der Psalmbeter selbst Elend und Not kennt, aber erlebt, dass Gott ihm da begegnet und ihn herausholt. Das führt eben dazu, dass er sich nicht seiner selbst, sondern dass er Gott rühmt.
Liebe Trauergemeinde,
mit seiner Stimme und seinem musikalischen Talent hat Armin Rausche sich in das Rühmen Gottes, das die Menschen schon seit Jahrhunderten tun, hinein gestellt. Nicht von ungefähr sind wir Lutheraner davon überzeugt, dass die Musik, besonders die Kirchenmusik, neben der Predigt gleichwertige Verkündigung ist, man denke nur an die verschiedenen Oratorien. Armin Rausche hat sich aber nicht nur in das kirchenmusikalische Verkünden hineinbegeben, sondern auch in die anderen musikalischen Botschaften von Inhalten, über die Menschen nachdenken können, wie etwa seine Leidenschaft für Richard Wagner zeigt.
Geboren wurde Armin Walter Rausche 1939 in Bayreuth als zweites von drei Geschwistern. Schon früh kam er in Bayreuth mit der Musik Richard Wagners in Kontakt, da seine Schwester als sogenanntes „Blaues Mädel“ im Festspielhaus als Platzanweiserin tätig war. So konnte er im Alter von etwa 12 Jahren immer wieder noch geschwind in das Festspielhaus hinein schlüpfen.
1958 macht er das Abitur am Christian-Ernestinum-Gymnasium. Dann studierte er Mathematik und Physik fürs Lehramt in Erlangen und Würzburg.
In Würzburg lernte er in der Stephanskirche seine spätere Ehefrau, Wiltrud, kennen. 1966 die Hochzeit, 1967 und 1969 kamen zwei Söhne auf die Welt und komplettierten die Familie.
Anfänglich arbeitete Armin Rausche als Lehrer, später kam er an das Psychologische Institut als Akademischer Direktor und lehrte Statistik für Psychologen. Er entwickelte dort zusammen mit Professor Seitz einen Persönlichkeitstest für 9-14jährige, den er im Ruhestand zuletzt erneut überarbeitete und der noch heute im Einsatz ist.
Aber neben diesen theoretischen Fächern lebte er seine Liebe zur Musik aus. Er war 1965 Gründungsmitglied beim Bach-Chor Würzburg und sang dort zum Teil auch solistisch.
1974 zog die Familie nach Lengfeld, dort engagierten sich er und seine Frau bald in der evangelischen Kirchengemeinde. Es begann musikalisch mit der Gründung der ersten Kantorei. Da war er von 1976-1981 Chorleiter. 1986 gründete er sie erneut und war dort bis 1991 Chorleiter.
Aber auch die Verkündigung des Wortes Gottes wollte er machen und wurde am 15. Dezember 1985 zum Lektor berufen, gesandt und gesegnet. Bis zum November 2012 übte er dieses Amt aus und verband oft auch das Predigen mit dem Orgel spielen. Als Organist war er von 1988 bis Anfang 2017 bei der Gemeinde angestellt. Immer wieder sagte er, er höre nun endgültig auf. Aber seinen wirklich letzten Orgeldienst hatte er noch am 2. August diesen Jahres. Er konnte es einfach nicht lassen und seine Orgelnachspiele hatten es oft in sich.
Aber nicht nur die Verkündigung in Musik und Wort übernahm er, sondern auch die Verantwortung für die Gemeinde. Kirchenvorsteher war er von 1988 bis 2000 und Kirchenpfleger, also Kassierer, von Juli 1995 bis März 1998.
Und auch damit ist noch nicht alles von Armin Rausches Aktivitäten erzählt. Denn Wagner und so manche Oper oder Operette wird halt nicht in der Kirche gesungen und dargestellt. So musste er nolens volens ans Mainfranken-Theater in den Extrachor und auf die Bühne. Doch nicht nur Singen, sondern auch über das Gesehene oder Gehörte dann für die Main Post eine Rezension schreiben gehörte dazu, sprachgewandt und kundig; auch dies bis zuletzt im Juli.
Mit seiner Theater- und Musikleidenschaft konnte er seine zwei Enkel anstecken, die 1997 und 1998 auf die Welt kamen. Für sie organisierte er jedes Jahr im August Ferienbetreuung, also Opazeit, die auch dieses Jahr auf dem Plan stand.
Auch große Reisen hat er in seinem Leben gemacht. Mit dem Bach-Chor nach Südfrankreich, nach Israel und nach Japan. Lange Reisen nach China und Indien; Reisen nach Malta, Island, Schottland und Irland; eine Kreuzfahrt in der Karibik und einmal auch nach Rom, wo er doch glatt in einer der Kirchen im Vatikan kurzerhand als Organist verdingt wurde, weil deren Organist nicht gekommen war.
„Bleiben Sie Mensch und mir gewogen.“
Lassen wir es uns noch einmal sagen und so an diesen humorvollen, großzügigen und sehr herzlichen Menschen denken, der Wortspiele und Wortwitze mochte und auch beim Orgeln immer wieder Zitate einbaute, um zum Schmunzeln anzuregen.
„Meine Seele soll sich rühmen des Herren,
dass es die Elenden hören und sich freuen.“
Trotz der Trauer, trotz des Verlustes, den es nun und in der kommenden Zeit zu betrauern gilt, können wir an den Worten des Konfirmationsspruches von Armin Rausche entlang denken, dass auch unsere Seele dankbar an Gott festhält und ihn rühmt und aus dieser Kraft heraus die Erinnerung an Armin Rausche pflegen kann, um sie mit zu nehmen ins Leben, ins Leben, das weiter geht. Und in so mancher Erinnerung wird auch der Klang von Stimme und Musik von Armin Rausche auftauchen und wir werden sie im Herzen hören können und uns freuen. Er selbst steht, sofern es im Himmel so ist, sicherlich schon in dem einen oder anderen Engelschor.
AMEN.