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In den vergangenen Wochen konnten wir verschiedenste Formen der liturgischen Feiern erleben und mitfeiern.

Allen voran die Fernseh- und Internet-Gottesdienste, nicht ganz neu, aber jetzt ohne Teilnehmer am Drehort, teils mit Chor-Schola, teils mit Eucharistie / Abendmahl. Die Verbindung zum Zelebranten und dem Altardienst wurde (one way) durch die Übertragung sichergestellt. Die Gemeinschaft mit Mitfeiernden beschränkte sich auf die Hausgemeinschaft, andere Mitfeiernde konnten allenfalls imaginiert werden. Dabei wurde die Eucharistie vom Priester stellvertretend vollzogen oder die Kommunion war soweit möglich, soweit die Teilnehmenden glauben mochten, dass die zu Hause bereitgestellten Gaben in die Konsekration einbezogen waren – mit oder ohne Mitsprechen der Einsetzungsworte.

Sicher gab es in Häusern auch Mahlfeiern unabhängig von Online-Liturgien, sei es als Agapemahl (ohne Einsetzungsworte), sei es mit Einsetzungsworten als Abendmahl (rechtswidrig, weil ohne ordinierten Vorsteher?). Da das Haus, die Familie, die Hausgemeinschaft Basis-Kirche ist, wer wollte diese intimen liturgischen Formen unter den besonderen Bedingungen verbieten oder als ungültig erklären?

Wie weit die Tagzeitengebete aus der klösterlichen Tradition auch in den Familien aufblühten, lässt sich von hier aus nicht sagen. Jedenfalls wären sie eine Bereicherung der liturgischen Landschaft auch außerhalb klösterlicher Gemeinschaften.

In der jeweils heimischen Kirche tut sich seit 4. Mai auch wieder etwas, zunächst noch fremdes. Zum einen erschweren es die 2m-Abstände, ein Gemeinschaftsgefühl zu empfinden. Zum andern scheint Wort-Gottes-Feier mit begrenztem Gemeindegesang und ohne Eucharistie nicht jedermanns Sache zu sein. Jedenfalls sind die Teilnehmendenzahlen anfangs sehr gering, was vielleicht auch an der verständlichen Angst vor Infektion liegen mag. Die bremst wohl auch die sonst so zahlreichen Gespräche nach dem Gottesdienst.

Nun lässt die Wiederaufnahme der Mess- bzw. Abendmahlsfeiern noch keine Rückkehr von "Normalität" erwarten, die Distanz nach allen Seiten erzeugt zuviel Befangenheit. Insbesondere muss ausgedehnter Gemeindegesang wegen der Aerosolbildung noch unterbleiben. Aber was heißt schon "Normalität"? Meinen wir damit nicht eigentlich nur das Gewohnte, zu dessen Überwindung von verschiedenen Seiten immer wieder aufgerufen wurde; das Gewohnte, das uns Heimat bietet, aber gleichzeitig unsre Entwicklung einengt? So drängt uns die Krise, über das Eigentliche, das uns am Herzen Liegende nachzudenken und Rechenschaft zu geben. Wenn wir dabei feststellen, dass dieses Eigentliche für Jede*n ganz verschiedenes ist: kann es die Gemeinde noch weiter auseinander reißen, als es durch den schleichenden Schwund ohnehin geschehen ist? Ein offenes Bekenntnis zur Vielfalt als "Normalität" kann aber auch wieder zusammenführen, wenn es gelingt, den unterschiedlichen Bedürfnissen im regionalen Verbund und online ebensolche Angebote bereit zu stellen und sie zu vernetzen.

Was meinen Sie?

Jochen Scheidemantel

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