Durch die Wüste
Durch die Wüste (Jochen Scheidemantel)
Gründonnerstag, das Passa-Mahl, das Lamm, dessen Blut am Türstock die Hebräer in Ägypten vor der 10. Plage, dem Würgeengel, schützen würde (2.Mose 12). Das ursprüngliche Pesach kennzeichnet in der Überlieferung den Aufbruch zu einer 40jährigen Wüstenwanderung.
Die Wüste, existenzielles Erlebnis, Existenzbedrohung: Hitze, kein Wasser, kein Brot, kein Telefon, keine Hilfe von außen. Jede einzelne auf sich zurück geworfen in der Angst, den nächsten Tag nicht mehr zu erleben. Jeder kämpft für sich allein ums Überleben, jeder mit allen und doch auch gegen alle. Der HErr nährt sein Volk mit Wachteln, mit Brot vom Himmel, mit Wasser aus dem Felsen, aber viele werden in der Wüste bleiben, werden nicht im gelobten Land ankommen.
Mögen wir die derzeitige seuchenbedingte Isolation als unsere Wüstenwanderung begreifen?
Ausgehverbot: Wir sitzen in der einsamen Sicherheit unsrer vier Wände. Zum Glück noch Wasser aus der Leitung und das Telefon funktioniert; das Internet bringt uns die Sorgen der Welt ins Haus. Die Botin oder der seltene Gang in den Laden: Eine Freundin, die Leben(smittel) gibt oder der Feind, der – bereits infiziert – vielleicht den Tod bringt? Wir schließen die Tür und sind wieder allein mit unseren Dämonen. Wird unser Arbeitsplatz noch da sein, werden unsere Freunde noch leben, wenn die Tür wieder aufgeht? Wie lange halten wir aus? Woher kommt Hilfe?
Die Beter der "Bußpsalmen" glaubten an den zornigen G"tt, dessen Grimm um die Erde zieht. Wir müssen dieses G"ttesbild nicht teilen und können uns doch hineinstellen in die Reihe angefochtener und bedrohter Betender. Manchem mag in diesen Tagen nützen, einen Text zum Nachdenken, zum Meditieren zu haben; es könnten die 7 Bußpsalmen sein, für jeden Wochentag einer:
Psalm 6 -- Ps 32 -- Ps 38 -- Ps 51 -- Ps 102 -- Ps 130 -- Ps 143